Kantiger Riesling für die ganze Welt
Auch wenn die Namen etwas anderes nahelegen, ist der Rheingau sozusagen das hessische Pendant zu Rheinhessen. Nur im geographischen Sinne freilich, der Ruf der Weine des Rheingaus ist deutlich besser! Das Anbaugebiet liegt gegenüber von Rheinhessen auf der nördlichen Rheinseite, vor allem westlich von Wiesbaden. Hier, im Ort Geisenheim, liegt Deutschlands bekannteste Weinbau-Hochschule. Viele Winzer haben an der Uni Geisenheim die theoretische Seite ihres Handwerks vertieft, einige Neuzüchtungen und wissenschaftliche Erkenntnisse zum Weinbau sind hier gezüchtet respektive gewonnen worden.
Der Rheingau hat eine vielfältige Geologie: Löss, Lehm, Muschelkalk, Schiefer und vulkanische Böden schaffen verschiedene Bedingungen. Das Terroir wird weiterhin durch die Höhenlage und Sonneneinstrahlung bestimmt. Eine der bekanntesten Lagen ist Schloss Johannisberg, sie gehört in Gänze dem gleichnamigen Weingut. Mit 212 Hektar Rebfläche das größte Weingut Deutschlands, die Hessischen Staatsweingüter Schloss Eberbach, sind ebenfalls im Rheingau beheimatet. Weitere bekannte und renommierte Weingüter sind unter anderem die Weingüter Peter Jakob Kühn, Robert Weil, Wegeler, Schloss Reinhartshausen oder Schloss Vollrads. Der Rheingau exportiert viele seiner Weine und versucht, sich als eigene Marke mit besonderem Qualitätsversprechen zu etablieren. Das führt, wie so oft, zu einer etwas konservativen, das Traditionelle betonenden optischen Gestaltung des Produkts (Chinesen und Amerikaner stehen auf altertümliche Etiketten!). Ein Symptom dessen ist die umstrittene Rheingauer Flöte, eine spezielle, schlanke und hohe, dunkelgrüne Flasche, in die vor allem Riesling abgefüllt wird.
Damit wären wir auch schon bei der mit Abstand wichtigsten Rebsorte des Anbaugebiets: Der Riesling gelingt hier dicht, geradlinig, frisch und knackig. Er ist etwas kantiger als der fruchtige Moselriesling. Die zweitwichtigste Rebsorte ist der Spätburgunder, der hier ebenfalls sehr hohe Qualitäten erzielt. Nur Weine aus einer der beiden genannten Rebsorten dürfen das für den Rheingau exklusive Prädikat Erstes Gewächs tragen. Die Bestimmungen reichen allerdings noch weiter: um einen Wein so vermarkten zu dürfen, muss das Lesegut per Hand gelesen worden sein und mindestens Spätlesequalität haben, der Ertrag auf maximal 50 Hektoliter pro Hektar minimiert worden sein und relativ trocken sein (Riesling: 13 g Restzucker pro Liter, Spätburgunder 6 g/L). Außerdem muss ein Erstes Gewächs eine Weile lagern und eine sensorische Prüfung bestehen.