Deutschland

Fruchtige Weißweine von internationalem Format 

Die Weinkultur in den alten europäischen Anbauländern ist recht unterschiedlich. Kauft der Franzose einen Wein, dann interessiert ihn in erster Linie das Anbaugebiet. Er kauft einen Bordeaux, einen Chablis oder einen Cotes du Rhône und weiß dann meist schon ungefähr, welche Rebsorten und welche Art Wein ihn erwartet (beim Bordeaux ist ihm außerdem das Chateau und der Jahrgang wichtig). In Spanien sind auch die Anbaugebiete wichtig. Außerdem achten die Konsumenten hier sehr auf den Reifegrad (Crianza, Reserva, Gran Reserva), bzw. die Zeit, die der Wein im Holzfass verbracht hat. In Italien ist alles viel komplizierter, da gibt es IGT’s, DOC’s und DOCG’s, bestimmte Herkunftsbezeichnungen, die Weine einer bestimmten Machart aus einer bestimmten Gegend beschreiben (Chianti, Lambrusco, Barolo…).

In all diesen Ländern werden hauptsächlich Cuvees getrunken, das heißt, die Weine verschiedener Rebsorten werden zusammengeschüttet (verschnitten). In Deutschland dominieren reinsortige Weine. Dementsprechend achtet der deutsche Weintrinker beim Einkauf vor allem auf die Rebsorte. Er weiß schon, dass ihm der Riesling zu sauer chmeckt und kauft sich deshalb zum Beispiel einen neutralen Silvaner. Zusätzlich orientiert er sich an den Anbaugebieten und, wenn er schon etwas Erfahrung hat, an der Lage. Ab einer gewissen Qualitätsstufe kommen die meisten Weine aus einer einzigen Lage, das heißt einem bestimmten ausgewiesenen Weinberg (zum Beispiel Würzburger Stein, Kallstädter Saumagen, Forster Ungeheuer, Kröver Nacktarsch oder Wachenheimer Gerümpel). Weinkenner behaupten dann gerne, sie könnten eine Lage herausschmecken und ihr besonderes „Terroir“ erkennen. Fakt ist: Wenn ich einen Wein aus einer sehr anerkannte Lage habe, kann ich einigermaßen sicher sein, dass der Winzer dort gute Arbeit geleistet haben wird.

Wichtig ist natürlich auch, ob ein Wein trocken, halbtrocken, lieblich oder süß ist.  Obwohl die sensorische Einschätzung des Süßegrades nicht unbedingt mit den analytischen Messwerten übereinstimmt, hat ein trockener Wein laut Gesetz nicht mehr als vier Gramm Restzucker pro Liter. Hat er weniger als zwei Gramm Zucker mehr als Säure, darf der Wein auch bis zu neun Gramm Restsüße haben. Es kann durchaus einen Unterschied machen, ob ein Wein zwei, fünf oder sieben Gramm Restzucker hat. Dabei kann die Süße einerseits dazu dienen, einen etwas fehlerhaften Wein runder und harmonischer zu machen, andererseits kann ein sehr  durchgegorener (und dementsprechend trockener) Wein oftmals etwas zu alkoholisch, herb oder rau schmecken. Ergo: Ist ein Wein richtig trocken, muss er sauber gemacht sein!

Womit wir bei der Qualität des Weines wären: In Deutschland gibt es ein System von Qualitätsstufen. Die untersten Stufen sind Tafel- und Landwein. Diese genügen recht niedrigen Ansprüchen und  sollten im Normalfall gemieden werden. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen experimentelle Winzer durchaus hochwertige Weine produzieren, die nicht in den Anforderungen höherer Klassifizierungen entsprechen (zum Beispiel einen Orange Wine). Die nächsthöhere Stufe ist Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (Q.b.A.). Hierfür muss der Wein aus einem der bekannten deutschen Anbaugebiete kommen und eine sensorische Prüfung bestehen (deren Ansprüche allerdings nicht unbedingt sehr hoch sind). Darüber folgen sie Prädikatsweine, angefangen mit dem niedrigsten Prädikat, Kabinett. Traditionellerweise weiß der Käufer, dass ein Kabinettwein ein einfacher, eher leichter Trinkwein mit einer gewissen Mindestqualität ist. Gesetzlich muss ein Kabinett bei der Lese mindestens 73 Grad Oechsle (Baden 75 Grad) haben. Das ist nicht unbedingt sehr viel und wird relativ schnell erreicht. Grad Oechsle ist die Einheit für das Mostgewicht, den Zuckergehalt der Trauben und somit für den Reifegrad. Der Hauptunterschied zwischen Prädikatsweinen und dem Qualitätswein ist, dass der Most der Prädikatsweine nicht mit Zucker versehen werden darf!

Weitere Prädikatsweinstufen sind Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Wobei die höchsten vier Stufen fast immer süß ausgebaut sind. 

Der VDP (Verband deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter) hat sein eigenes Klassifikationssystem. Die Stufen sind in aufsteigender Reihenfolge: Gutswein, Ortswein, Erste Lage und Große Lage (oder Großes Gewächs).  Dabei gilt, je höher die Qualitätsstufe, desto genauer eingegrenzt ist die Herkunft der verwendeten Trauben und desto höher sind die Anforderungen an die Herstellung. 

 

Doch was macht deutschen Wein aus? Was unterscheidet ihn vom Wein anderer Länder? 

Deutschland ist ein relativ kühles Weinland. Das erbringt tendenziell fruchtige, frische Weine mit nicht zuviel Alkohol. Deutschland ist in erster Linie Weißweinland. Deutsche Rieslinge beispielsweise sind auf der ganzen Welt beliebt und gefragt. Es werden aber auch leichte und fruchtige Rotweine produziert, vor allem der helle Spätburgunder. Nach und nach fassen internationale Rebsorten, wie Sauvignon Blanc, Chardonnay, Cabernet Sauvigon, Merlot oder Syrah hier Fuß. Die daraus gekelterten Weine sind oft gut, aber meist teurer als die Vertreter aus dem Süden. Insgesamt ist guter deutscher Wein nicht unbedingt billig, aber in Anbetracht der inzwischen äußerst qualitätsbewusst arbeitenden deutschen Winzer kann es sich lohnen, auf Produkte aus der Heimat zurückzugreifen!